Behörden und Vereine – Fluch oder Segen?

Latinka e.V. wollte das Teilnehmen an Versammlungen vereinfachen, so dass Mitglieder nicht persönlich anwesend sein müssen. Dafür richteten wir einen digitalen Chat-Raum und eine Videokonferenz. Da die Digitalisierung an vielen Stellen noch ein Fremdwort ist und wir diese digitale Option in unserer Satzung nicht explizit angegeben haben, anerkannte der Vereinsregister nicht unsere Art von Versammlungsorganisation. Wir haben unsere Satzung daher geändert und diese (aus unserer Sicht unnötige) Hürde überstanden.

Was passierte aber genau?

Im Januar 2018 wählte Latinka e.V. den neuen Vorstand für das Jahr 2018. Die Mitglieder unseres Vereines sind junge Frauen und Männer, die entweder studieren, arbeiten und eventuell Familie haben. In den letzten Jahren ist es uns bewusst geworden, dass für einen Verein unserer Größenordnung und mit der Charakteristik, dass nicht jede Person zu den Sitzungen persönlich anwesend sein kann, wir eine moderne Lösung benötigen.

Wir haben unsere Mitglieder befragt und obwohl eine persönliche Anwesenheit nicht einfach zu gestalten ist, ist die Bereitschaft Teil vom Ganzen zu sein, sehr wohl vorhanden.

Für uns eröffnete sich dann die Möglichkeit, aktuelle digitale Kommunikationswege zu ermöglichen und zu erlauben, so dass so viele Mitglieder wie möglich teilnehmen können. Wir haben den Erfolg dieser Maßnahme sofort gespürt, denn ohne digitale Kommunikationskanäle wären in unserer Jahresversammlung nur 6 Personen persönlich vor Ort gewesen; dagegen mit einer digitalen Teilhabe-Option haben 17 Personen teilgenommen und das demokratische Gefühl der Partizipation wurde auch sehr hochgehalten.

 

Und nun, das Problem veralteter Strukturen

Laut dem Vereinsregister unterlief uns einem Formfehler in der Art und Weise wie wir unsere Versammlung gestalteten. Die Mitgliederversammlung in unserer alten Satzung erlaubte nur

„eine Versammlung der tatsächlich persönlich vor Ort anwesenden Mitglieder“.

Daher waren wir de facto zum Zeitpunkt der Versammlung nicht beschlussfähig und die Wahl wurde vom Vereinsregister aberkannt.

 

Die zukunftsorientierte Lösung

Was tun? Nach einer ersten Reaktion der Fassungslosigkeit nach dem Motto:

„wir leisten unseren Beitrag ehrenamtlich, denken zukunftsorientiert in das Vereinsüberleben und dann kommt ein Vereinregister und kritisiert unser Handeln, wie soll das Bitteschön funktionieren?!“

konnten wir uns beruhigen und den Raum der Möglichkeiten verengen und zwei Optionen überlegen.

Die erste Möglichkeit wäre gewesen, uns weiterhin mit niedriger Teilnehmerbeteiligung bei Versammlungen zu quälen und uns über das Vereinsleben, das sich in Zeiten der Globalisierung jedes Mal schwieriger gestaltet, zu beschweren.

Oder aber, eine Nachversammlung mit „persönlich vor Ort“ anwesenden Mitgliedern einzuberufen und unsere Satzung zu ändern. Da das Engagement jedes Einzelnen größer ist, als die Hürden von Ämtern, konnten wir erfolgreich eine beschlussfähige Nachversammlung feiern.

 

Warum das Ganze?

 

Nach über 30 Stunden ehrenamtliche Arbeitszeit, die nun investiert wurden, um unsere Versammlungen zu vereinfachen, haben wir das Ziel erreicht unser Verein digitaler und zukunftssicherer zu gestalten.

Thema Investition
Ergänzung Satzung 1 Stunde
Planung der Sitzung, Erstellung des Protokolls 1 Stunden
Durchführung von Nachversammlung 2,5 Stunden * 11 Teilnehmer: 27,5 Stunden
Unterschriftenbeglaubigung 0,5 Stunden
Kosten für Unterschriftenbeglaubigung, Versand der Dokumente 30€
Gesamtsumme 30 ehrenamtliche Stunden und 30€

Und jetzt?

Wir erhoffen uns einen viel intensiveren Austausch bei Mitgliederversammlungen und auch hoffen wir, dass andere Vereine Alternativlösungen auch für sich finden können.

Um das Leben anderer zu erleichtern, und weil das Rad nicht jedes Mal erneut erfunden werden soll, anbei unsere textuellen Änderungen an unsere Satzung als Geschenk für eine bessere Vereinszukunft in Deutschland

Geänderter Satzungstext

§13 Die Mitgliederversammlung
IST:

Die Mitgliederversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens ein Drittel der Mitglieder anwesend ist.

SOLL:

Die Mitgliederversammlung ist beschlussfähig, wenn
  • mindestens ein Drittel der Mitglieder entweder vor Ort anwesend ist (Vor-Ort-Teilnahme)
  • oder online über ein digitales Kommunikationsmedium teilnimmt (Online-Teilnahme). Bei der Online-Teilnahme gelten folgende Regelungen, um Zweifel an der Integrität des Beschlussfassungsvorgangs, der Feststellung der individuellen Voten und ihrer Zählung auszuschließen:
    • Telefonische Zuschaltung ist ausgeschlossen;
    • ein "digitaler Meeting-Raum" wird ausschließlich für teilnahmeberechtigte Mitglieder eingerichtet;
    • im digitalen Meeting-Raum angemeldete und teilnahmeberechtigte Mitglieder sind individuell und eindeutig identifizierbar.
Die Stimmabgabe kann dementsprechend entweder vor Ort oder per digitales Kommunikationsmedium erfolgen.

Wenn die Stimmabgabe digital erfolgt, muss sichergestellt werden, dass die Stimme eindeutig aus den teilnahmeberechtigten Mitgliederkreis stamm.